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Verortung von Information in Raum und Zeit
Orientierung und Navigation durch Simulation räumlicher Strukturen: Räumlich erlebbare Elemente bleiben schneller und besser im Gedächtnis. Das trifft auch auf visuelle Elemente und Strukturen in digitalen Medien zu. Ausgehend von Prinzipien der Raumwahrnehmung über Perspektivkonstruktion und Beispielen aus Kunst und Design werden dreidimensionale mediale Elemente wie Buttons, Ausschnittsvergrößerung und Staffelung diskutiert.
Informationskomplexe sind unterschiedlich strukturiert: streng linear, linear mit Verzweigungen (Baumdiagramm), verzweigt hierarchisch Struktur in räumlicher Dimension, in zwei oder mehr Raumachsen (Kristallogramm). Durch Raumachsen – Koordinaten im Raum, werden Beziehungen zwischen einzelnen Informationsbausteinen hergestellt. Sind die Navigationsmodelle dynamisch, erlauben Drehungen und Umstülpungen neue Zugänge zu den einzelnen Informationsbausteinen. Bei bewegten Strukturen kann der Faktor Zeit bewusst eingesetzt werden. Tiefer geschichtete Informationsmodule werden gezielt zeitlich später zugänglich gemacht.
Menschen haben ein Grundbedürfnis nach Wissen und nach Orientierung. Das betrifft analoge und digitale Umfelder gleichermaßen. Für digitale Medien bedeutet das, erlebbare haptische Informationskomplexe befriedigen ein Grundbedürfnis. Informationssysteme können die Neugier der betrachtenden Personen befriedigen: Durch Interesse an Dingen, Details und Oberflächen werden als Form, Farbe oder Struktur rezipiert. Das Erleben physischer Objekte ist mit dem Wunsch verbunden, Objekte anzufassen, zu bewegen, haptisch zu erleben. In diesem Zusammenhang spielen Bewegung und das Bedürfnis nach räumlichen Erfahrungen eine Rolle. Durch Betrachtung aus größerer Distanz können sich Mediennutzende ein besseren Überblick verschaffen.
Erkenntnisse werden auf der Basis von logischen Überlegungen und Schlussfolgerungen gewonnen. Damit verbundene heuristische Prozesse werden bei Zielpersonen dann durch simulierte Räumlichkeit unterstützt, wenn die Neugierde befriedigt wird. So kann Erkenntnisgewinn Mediennutzender auf der Basis von Empathie und Intuition unterstützt werden.
Lernen ist ein subjektiver, aktiver, konstruktiver und zielorientierter Prozess. Unterstützt durch räumlich visuelle Elemente und Strukturen navigieren Lernende durch eine Informationsarchitektur. Solche Architekturen sind dann zufriedenstellend, wen sie nicht vom Lernziel ablenken. Das erfordert in der Medienkonzeption ein Bewusstsein über das Zusammenwirken von Information, Wahrnehmung und Raum.
Prinzipien der räumlichen Darstellung von Informationen haben mit Dreidimensionalität und Architektur zu tun. Mit Perspektivkonstruktion werden exemplarisch an einem Würfel etablierte Darstellungsmethoden für räumliche Strukturen erläutert: Parallel-, Frosch, Schräg- und Luftperspektive. Visuelle Eigenschaften und Bezugspunkte räumlicher Strukturen sind Parallelität, Tiefenwinkel, Verkürzung, Lage von Objekten, Sichtseite von Objekten, Horizontlinie, Fluchtpunkte und Augenpunkt. Mit einem Verständnis für realistisch wirkende Raumsimulationen werden computergenerierte Räume per Augenmaß auf ihren Realitätsbezug hin überprüft. Abstraktionsgrad und Syntax virtueller räumlicher Strukturen zählen zum Diskurs von Körpern und räumlichen Strukturen in digitalen Medien.
Grundbedürfnisse beim Betrachten von Räumen liegen auch bei digitalen Medien im instinktiven Erfassen und der Orientierung im Ur-Raum: Was sehe ich? Wo geht es nach draußen? Ist es hell genug? – Im Bezug auf Medien: Sind die Helligkeitskontraste für Objekterkennung ausreichend? Was höre oder rieche ich? Wohin kann ich mich im Ernstfall zurückziehen? - Bei digitalen Medien: Kann ich ohne Orientierungsverlust das Thema wechseln, ein Thema wiederholen oder vertiefen?
Beispiele perspektivischer Darstellungen aus Design und Kunst führen zu elementaren Gestaltungsparametern für räumliche Strukturen in digitalen visuellen Medien. Mit Ausschnittsvergrößerung wird ein bestimmter Ausschnitt nach vorn geholt. Durch Staffelung liegen Objekte in definierter Weise scheinbar übereinander. Beispiele aus Kunstgeschichte, Filmgeschichte, gegenwärtigen Filmen und Design veranschaulichen abstrakte Raummodelle: Simulationen architektonischer Räume. Visuelle Gestaltungselemente unterstützen die Navigation und Orientierung. Sie veranschaulichen semantische Hierarchien, Zusammengehörigkeit bei Gruppierungen, Beziehungen und Verbindungen sowie Reihenfolgen.
Die Entwicklung räumlicher Informationsstrukturen geht von organisierten Informationskomplexen aus. Information wird in Informationsarchitekturen überführt. Zeichen und Zeichensysteme bieten Orientierung in Informationsräumen. Die angestrebte Nutzungszeit gibt in Verbindung mit der Informationstiefe die visuelle Dramaturgie vor, die eine Zeitdramaturgie einschließt.
fb|08|2018